Redebeitrag: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Kinder- und Jugendhilferechts

Meine Rede im Landtag – Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Kinder- und Jugendhilferechts auf Youtube

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Sehr geehrter Herr Präsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

Wir setzen den Landesjugendhilfeausschuss wieder ein. Das ist ein guter Tag für die Jugendarbeit in Niedersachsen.

Eine aktive Kinder- und Jugendpolitik haben wir als einen zentralen Baustein in unserem Koalitionsvertrag festgelegt. Heute zollen wir dem Engagement der freien Träger in der Jugendhilfe unseren höchsten Respekt! Und das ist auch dringend notwendig.
Während der Anhörung im Sozialausschuss wurde dies vor allen Dingen in den vielen positiven Stellungnahmen deutlich. Umso mehr überrascht es mich, dass die CDU die Zeichen der Zeit nicht erkennen will und ihre unsägliche Fehlentscheidung, die mit der Abschaffung des Landesjugendhilfeausschusses im Jahre 2006 erfolgt ist, jetzt nicht korrigiert!

Aber es ist noch nicht zu spät, meine Damen und Herren, Sie dürfen noch auf den fahrenden Zug aufspringen! Denn frei nach Konrad Adenauer – erlauben Sie mir, dass ich zitiere: „Es kann mich doch niemand daran hindern, über Nacht klüger zu werden“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Argumente sprechen dafür.

Aber lassen Sie mich noch einmal in die Historie gehen.
Obwohl das Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes Landesjugendhilfeausschüsse vorsieht, beschloss die ehemalige Landesregierung im Zuge der Föderalismusreform die Abschaffung. Als einziges Bundesland überhaupt. An dessen Stelle wurde ein Beirat gesetzt. Die Bildung des Beirates, die Berufung der Mitglieder sowie die Kompetenzen und Aufgaben wurden bewusst nicht gesetzlich geregelt.

Die damaligen Befürchtungen der Expertinnen und Experten zu den Folgen sind übrigens eingetreten: die Zerschlagung der einheitlichen Kinder- und Jugendhilfestrukturen, die Abschaffung der demokratischen Mitbestimmung von Betroffenen und Trägern und die Zersplitterung der Verantwortlichkeiten.
Was für ein jugendpolitischer Irrweg, den wir zum Glück heute beseitigen!
Wir holen die Fachlichkeit der (Jugend-)Verbände in die Kinder-, Jugend- und Familienpolitik des Landes zurück.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die sich schnell ändernden Herausforderungen in der Kinder- und Jugendpolitik verlangen eine enge Anbindung an erfahrene Expertinnen und Experten.
Eine abgestimmte Jugendhilfeplanung des Landes sowie ein regelmäßiger Fachaustausch zwischen den zuständigen Ministerien, Politik und Verbänden sind wichtig und nötig. Durch den NLJHA werden besonders die Problemlagen von benachteiligten Kindern und Jugendlichen, aber auch die grundlegende Jugendhilfeplanung und die Förderung der freien Kinder- und Jugendhilfe auf Landesebene in den Fokus der Sozialpolitik gerückt.

Wie bereits erwähnt stützt sich der vorliegende Gesetzesentwurf auf eine ausführliche und breite Verbändeanhörung und auf zahlreiche Stellungnahmen von Vereinen, Verbänden und Kirchen. In unseren anschließenden Beratungen im Sozialausschuss wurden besonders die Organisationsstruktur und die Zusammensetzung ausführlich diskutiert. Bei der Frage, wer zukünftig im Landesjugendhilfeausschuss stimmberechtigt sein soll, haben wir uns für die Träger, deren Arbeit originär im Bereich der Jugendhilfe liegt, entschieden.

Dazu gehören auch Religionsgemeinschaften, die aufgrund ihrer breiten Kinder- und Jugendarbeit mitberücksichtigt werden müssen wie die Konföderation der Evangelischen Kirchen Niedersachsen und das Katholische Büro Niedersachsen.

Eine Erweiterung der Stimmberechtigten für Religionsgemeinschaften – sobald eine entsprechende Trägerfunktion gegeben ist und ich denke hier insbesondere an muslimische Gemeinschaften – ist ausdrücklich erwünscht!

Des Weiteren werden Experten, die über Erfahrungen in der Jungen- und Mädchenarbeit, Inklusion und in der Arbeit mit jungen Menschen mit Migrationshintergrund verfügen, zukünftig mit Stimme Berücksichtigung finden. Und gerade dort tut sich einiges – das konnte ich bei meinem Besuch bei der Türkischen Jugend Niedersachsen feststellen, sie wollen ernst genommen werden. Auch sie werden zukünftig von einem Landesjugendhilfeausschuss profitieren.

Ich möchte betonen: Die Einbindung und die neue Zusammensetzung sind in sich schlüssig. Die Pluralität in der Zusammensetzung spiegelt die bunte Kinder- und Jugendarbeit wieder. Durch die besondere Rechtsstellung ist eine unmittelbare Anbindung an die Verwaltung und somit an die politischen Entscheidungsgremien gegeben.

Wir betrachten die Interessen junger Menschen endlich wieder in Gänze und auf der Höhe der Zeit.
Im NLJHA werden die öffentlichen und freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Niedersachsen gemeinsam an der Koordination und Fortentwicklung einer bedarfsgerechten Kinder- und Jugendhilfe arbeiten können. Ich freue mich, dass die Angelegenheiten der Kinder- und Jugendpolitik und die Problemlagen dort besprochen und auch beschlossen werden, wo sich die praktische Expertise trifft.

Vor kurzem wurde ich von der Evangelischen Akademie in Loccum zur Tagung „Jugendarbeit im Aufwind“ eingeladen. Die Teilnehmenden in der Jugendarbeit haben mir versichert, dass sie die Wiedereinsetzung des Landesjugendhilfeausschusses uneingeschränkt befürworten würden und sie bereits Themenvorschläge für den Unterausschuss gemacht hätten. Diese Dynamik ist doch großartig!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

so etwas nennt man: Politik – Mitten im Leben!
Das ergibt sich nicht einfach, sondern das braucht Bewegung. Und die Fähigkeit, neue Entwicklungen in der Gesellschaft zu erkennen und die richtigen Schlüsse für die Politik daraus zu ziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU,

ich lade Sie ein: Springen Sie auf den fahrenden Zug, noch haben Sie die Gelegenheit.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ich bitte Sie um ihre Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzesentwurf!

Die Jugendverbände in Niedersachsen tragen – ebenso wie andere Träger der Jugendarbeit – maßgeblich dazu bei, junge Menschen an Entscheidungsprozessen zu beteiligen und Lust auf politische Partizipation zu machen. Hier lernen Sie, dass es sich lohnt, sich einzusetzen. Daher bin ich sehr froh, dass diese Landesregierung diesen Schritt konsequent geht und den Landesjugendhilfeausschuss wieder einsetzt.

Ich freue mich auf die Arbeit mit jungen Leuten. Ich bitte um Zustimmung zur Gesetzesnovelle.

Vielen Dank.