Redebeitrag: Einrichtung einer Muttermilchbank in Niedersachsen

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

In Deutschland kommen jährlich etwa 60.000 Kinder zu früh zur Welt. Mit einem Gewicht von unter 1.500 Gramm sind sie kaum in der Lage, selbstständig zu atmen. Für sie beginnt mit der Geburt ein Kampf ums Überleben. Für die Eltern beginnt eine sehr schwere Zeit.

Die Kinder haben vielfältige gesundheitliche Probleme, am häufigsten treten Probleme im Darmtrakt auf. Die Erkrankung nekrotisierende Enterokolitis ist die häufigste Komplikation. Sie ist für das Auftreten eines akuten Abdomens bei Frühgeborenen verantwortlich. Von allen Frühgeborenen ist jedes zehnte Kind mit einem Geburtsgewicht unter 1500 Gramm betroffen.

Es sterben etwa fünf bis zehn Prozent der von einer nekrotisierenden Enterokolitis betroffenen Neugeborenen. Hat sich die Nekrose auf einen großen Darmabschnitt ausgedehnt und muss aufgrund dessen entfernt werden, entwickelt sich bei dem Kind ein Kurzdarmsyndrom. Es muss ein künstlicher Darmausgang gelegt werden. Die Gefahr von Spätfolgen ist hoch.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Studien belegen, dass diese Komplikationen durch Füttern von Muttermilch vermieden werden können. Für Frühgeborene ist die Versorgung mit den individuell richtigen Nährstoffen überlebenswichtig. Natürlicherweise ist die Milch der eigenen Mutter ein Garant für die optimale Ernährung der Kleinen. Doch ihre Wirkung geht weit über die Gewichtzunahme hinaus. Muttermilch lässt die Darmflora des Kindes reifen, stärkt unmittelbar das Immunsystem und beugt Säuglingssterblichkeit vor.

Doch werden Kinder zu früh entbunden, ist es vielen Müttern unmöglich, ihr Kind auf diese Weise zu unterstützen. Sie können ihr Kind nicht stillen, denn in dieser frühen Phase konnte ihr Körper noch keine Milch produzieren.
Die Verträglichkeit dieser löslichen Milchpulver variiert von Kind zu Kind stark. Unter Umständen belastet sie das Frühgeborene zusätzlich und es kommt zu den besagten Komplikationen.

Muttermilch ist natürlich, verträglich und mit über 200 verschiedenen Zucker-Molekülen unheimlich komplex. Sie ist unmöglich durch industrielle Säuglingsnahrung zu imitieren.Man kann sagen, Stillen ist der richtige Weg, um sein Kind beim Kampf ums Überleben zu unterstützen. Muttermilch verleiht gerade Frühchen das Rüstzeug, um sich gegen äußere Einflüsse und Folgeschäden zu schützen.

Zahlreiche Kinderärzte und die Nationale Stillkommission unterstützen, dass Frühgeborene oder kranke Neugeborene, die nicht oder noch nicht gestillt werden können, möglichst mit abgepumpter Muttermilch der eigenen Mutter oder mit gegebenenfalls gespendeter Milch ernährt werden.

Spenden können Mütter in eigens hierfür eingerichteten Muttermilchbanken, die in Deutschland zurzeit 15 Kinderkliniken angeschlossen sind. Meist sind es Mütter, die selbst in diesen Kliniken entbunden haben und schon im Vorfeld zahlreiche gesundheitliche Untersuchungen durchlaufen haben. Sie spenden gerne, wenn es anderen Kindern zu Gute kommt!

Ihre Muttermilch wird bakteriologisch untersucht und pasteurisiert. Infektionskrankheiten werden ausgeschlossen und höchste hygienische Standards eingehalten.

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

es gibt, wie gesagt, 15 deutsche Muttermilchbanken. In Berlin, Chemnitz, Cottbus, Dresden, Eisenach, Frankfurt (Oder), Görlitz, Greifswald, Jena, Leipzig, Magdeburg, München, Neubrandenburg, Potsdam und seit neustem in Dortmund.

Keine einzige befindet sich in Niedersachsen! Es ist Zeit dies zu ändern!
Wir, von SPD und Grünen, setzen uns deshalb mit unserem Antrag, und zum Wohle der Kinder in Niedersachsen, für die „Einrichtung einer Muttermilchbank in Niedersachsen“ ein!

Auch niedersächsische Kinder, deren Mütter leider nicht stillen können, sollen, sofern die Notwendigkeit besteht, in Zukunft risikofrei von den hervorragenden Eigenschaften gespendeter Muttermilch profitieren.

Die idealen Voraussetzungen haben Kliniken mit Level-1-Perinatalzentren, wie es sie unter anderem in Wolfsburg und Hannover gibt. Level-1-Perinatalzentren werden von Neonatalogen und ärztlichen Geburtshelfern geleitet. Entbindungsstation, OP und Neugeborenen-Intensivstation mit mindestens sechs Plätzen sind räumlich miteinander verbunden. Besonders Risikoschwangerschaften können hier optimal betreut werden. Das Projekt muss unseres Erachtens in zwei Jahren evaluiert werden, um es zu bewerten und die Anwendbarkeit auf weitere Level-1-Kliniken in Niedersachsen zu prüfen.

Muttermilchbanken können nicht nur für Frühchen überlebenswichtig sein. Auch Säuglinge von Müttern, die aus anderen Gründen eine stark eingeschränkte Milchproduktion haben, können von ihr profitieren.

Aus der Not heraus bestellen Mütter Muttermilch im Internet. Das Risiko, dem Säuglinge mit Muttermilch aus diesen Online-Börsen ausgesetzt sind, kann man sich vorstellen. Die Muttermilch kann mit infektiösen Bestandteilen, sowie Rückständen von Medikamenten, Tabak, oder Drogen belastet sein. Sie wird ohne gesundheitliche Vorprüfung gegen Geld abgegeben.

Ich bin mir sicher, dass auch Sie es unerträglichen finden, dass mit Muttermilch zu Lasten von Säuglingen ein profitables Geschäft für Online-Händler gemacht wird.

Wir bitten deshalb, dass die Landesregierung sich auf Bundesebene dafür einsetzt, rechtliche Möglichkeiten zu prüfen, um den privaten Handel mit Muttermilch zu unterbinden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.

Setzen Sie sich mit uns dafür ein, damit allen Kindern ein gesunder Start ins Leben ermöglicht werden kann.