Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich stehe heute nicht zum ersten Mal am Rednerpult, um zum Wahlalter mit 16 Jahren zu sprechen, und meine Haltung und die Haltung der gesamten SPDFraktion zu diesem Thema hat sich nicht geändert.
Allerdings haben sich die Mehrheitsverhältnisse geändert und wir stellen gemeinsam mit der CDU die Landesregierung. Es ist kein Geheimnis, dass unser Koalitionspartner in dieser Frage eine andere Sichtweise hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion,
Sie haben ja schon zu Zeiten von Rot-Grün versucht, die Koalition auseinanderzubringen, aber auch bei Rot-Schwarz müssen wir Sie enttäuschen, es wird Ihnen nicht gelingen! Wir sind dafür bekannt, einen respektvollen Umgang mit unserem Koalitionspartner zu pflegen, einmal gemachte Vereinbarungen sind für uns bindend.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
trotzdem sind wir nach wie vor der Auffassung: Zu einer vielschichtigen Partizipation junger Menschen zählt, ihnen die Möglichkeit zu geben, die eigene Zukunft mitzugestalten. Junge Menschen werden mit 14 Jahren strafmündig und uneingeschränkt religionsmündig. Ihre Lebensumstände werden zunehmend stärker durch die Entscheidungen in den Kommunen, im Land und auch im Bund beeinflusst. Wieso also nicht über die eigenen Lebensumstände mitentscheiden?
Ein erster Schritt in diese Richtung war die Entscheidung vor über 20 Jahren unter einer SPD-geführten Landesregierung, das kommunale Wahlrecht mit 16 Jahren einzuführen.
Wir geben den jungen Erwachsenen damit nicht nur das Gefühl, ernst genommen zu werden, sondern wir trauen ihnen zu, eine eigene Entscheidung zu treffen.
Der demographische Wandel führt dazu, dass immer mehr ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger über die Zukunft der Jungen entscheiden. Die Bedeutung der Kinder- und Jugendpolitik droht immer schwächer zu werden, denn Politik orientiert sich immer mehr in Richtung der wachsenden Anzahl älterer Menschen.
Ich frage mich, ist das fair? Wäre es nicht fair, wenn wir mehr jungen Menschen das Wahlrecht geben und somit ein gesellschaftliches Gleichgewicht herstellen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in meiner Funktion als jugendpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion nehme ich unsere Jugendlichen als offen, diskussionsfähig und präsent wahr.
Denken Sie an die Diskussionen zur Änderung des Schulgesetzes, als die Schüle-rinnen und Schüler vor unserem Haus demonstriert haben. Denken Sie an die Schülergruppen, die wir in jedem Plenum zu Besuch haben, und wie viel politisches Interesse in ihnen steckt.
Wer sich in den sozialen Netzwerken bewegt, sieht, wie viele junge Menschen sich zum Thema Flüchtlinge, Europa und soziale Gerechtigkeit äußern.
Sie engagieren sich in Sportvereinen und anderen ehrenamtlichen Bereichen, wo sie schon sehr früh erfahren, was Gemeinwohl und demokratischen Prinzipien be-deuten. Sei es die Vorstandswahl bei der freiwilligen Feuerwehr oder das Engage-ment bei der Flüchtlingshilfe.
Junge Menschen sind politisch!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
im Rechtsausschuss hat es in der letzten Legislaturperiode eine Anhörung zum Wahlalter gegeben, in der sich überwiegend positiv dazu geäußert worden ist. Al-lerdings wurden auch Bedenken genannt, die auch von der CDU geteilt wurden.
Diesen Bedenken dürfen wir uns nicht verschließen, schon deshalb nicht, weil wir für eine Verfassungsänderung eine Zweidrittelmehrheit benötigen.
Welches waren die Bedenken?
Eine wesentliche Sorge war: Sind junge Menschen schon in der Lage, weitrei-chende Entscheidungen zu treffen und sind sie sich der Tragweite bewusst? Sie seien nicht reif genug, die Tragweite ihrer Stimme richtig einzuschätzen. Ebenfalls wurde hinterfragt, ob junge Menschen in diesem Alter nicht auch extrem leicht beeinflussbar seien.
Es gibt durchaus einige Jugendliche, die in diesem Alter leicht zu beeinflussen sind, aber längst nicht alle. Es ist weniger eine Sache des Alters als der Persönlichkeit, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt. Die Lösung dafür kann eine gute Vorbereitung und Begleitung der jungen Menschen sein, um ihnen bewusst zu ma-chen, welche Verantwortung und welche Konsequenzen ihr Wahlrecht hat.
Dabei sind alle Akteure aus dem im politischen Umfeld der jungen Generation ge-fordert. Schulische und außerschulische Institutionen müssen begleitende Instru-mente schaffen und wirksam umsetzen. Dazu gehören z. B. auch die Jugendver-bände und der Landesjugendring!
Eine wichtige Institution ist die Landeszentrale für politische Bildung. Sie muss An-sätze entwickeln, die die Jugendlichen bereits in dem Alter auf ihre demokratischen Rechte und Pflichten vorbereiten.
Die Einführung der Kinderkommission in der letzten Legislaturperiode ist ebenfalls ein Instrument, um schon die Kleinen darauf vorzubereiten, sich in den politischen Prozess einzubringen und zu verdeutlich: Deine Stimme hat Gewicht!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
lassen Sie uns die Zeit nutzen, um über begleitende Maßnahmen, die für die Wahr-nehmung des Wahlrechts erforderlich sind, nachzudenken. Um die Bedenken zu entkräften und die Zweifler zu überzeugen.
Ich freue mich auf die weitere Beratung im Ausschuss.
Vielen Dank!