Redebeitrag: Zukunftsräume Niedersachsen-Lebendige und attraktive Klein- und Mittelzentren stärken!

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

was sich momentan aufgrund der pandemischen Lage für uns alle noch etwas gewöhnungsbedürftig anhören muss, wird nach der Pandemie umso wichtiger sein: Wir müssen als Gesellschaft wieder zusammenrücken!

Deshalb möchte ich heute über das Programm Zukunftsräume sprechen. Ein Förderprogramm des Niedersächsischen Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung, das im Sommer 2019 aufgelegt wurde und sich an niedersächsische Klein- und Mittelstädte sowie Gemeinden und Samtgemeinden in ländlichen Räumen ab 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern richtet, in denen ein Grund- oder Mittelzentrum festgelegt ist.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es sind genau diese Zentren, die eine wichtige Versorgungsfunktion übernehmen. Egal ob für den Arztbesuch, den schnellen Gang zum Drogeriemarkt, oder den Besuch einer lokal organisierten Kunstausstellung – hier kommen Menschen aus dem Umland zusammen. Es sind Orte, die als wesentliche Motoren der regionalen Entwicklung fungieren. Sie haben eine Ankerfunktion für die sie umgebenden ländlichen Räume.

Für mich als Sozialdemokratin besonders wichtig: Sie schaffen soziale Begegnungen und stärken den öffentlichen Raum. Eines der Projekte, das kürzlich einen Förderbescheid erhielt, befindet sich in der Stadt Uslar im Landkreis Northeim. Dort soll in den betriebsbedingt freigewordenen Räumen des historischen Gebäudes der Privatbrauerei Bergbräu ein Coworking Space entstehen. Es bietet sich die Chance, in fußläufiger Erreichbarkeit der zentralen Einkaufsstraße in Kooperation mit der Brauerei eine Attraktivierung des Ortes zu erreichen.

Ein weiteres gefördertes Projekt ist das Living Care Lab Schaumburg in Stadthagen. Dort werden digitale und analoge Innovationen rund um das Thema Pflege vorgestellt, die sich gerade in der Phase der Markteinführung befinden. Die Produkte und Dienstleistungen können vor Ort von interessierten Bürgerinnen und Bürgern getestet und bewertet werden.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

diese Beispiele zeigen: Wir brauchen kreative und innovative Lösungen für die Klein- und Mittelzentren in Niedersachsen. Das Förderprogramm des Ministeriums zielt darauf ab, diese Zentren attraktiver – wenn man so will – urbaner zu machen.
Für 2021 bis 2023 sind deshalb pro Jahr 2,5 Millionen Euro für solche Projekte vorgesehen. Bislang wurden 41 Anträge bewilligt, die das Land mit rund 8 Millionen Euro unterstützt. Die ersten Förderbescheide hat Frau Ministerin Honé bereits im Dezember 2019 überreicht.

Gefördert werden sowohl konkrete Projekte als auch Beratungsleistungen für die Ausarbeitung förderfähiger Maßnahmen. Die Fördersumme pro Projekt liegt zwischen 75.000 und 300.000 Euro, wobei Kommunen mit geringer Steuereinnahmekraft besonders profitieren.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen;

Corona hat uns die bereits existierenden wirtschaftlichen Schwächen des Einzelhandels schonungslos vor Augen geführt und verschärft diese nun zusätzlich auf dramatische Art und Weise. Laut einem Bericht der IHK Niedersachsen zur Zukunft der Innenstädte ist zu befürchten, dass die Innenstädte in Niedersachsen ihre wirtschaftliche und damit einhergehend auch ihre gesellschaftliche Bedeutung verlieren, wenn nicht zügig entgegengesteuert wird.

Handelsexperten sind bereits im Juni letzten Jahres davon ausgegangen, dass in Folge der Corona-Pandemie mit der Schließung von bis zu 50.000 Einzelhandelsstandorten zu rechnen ist. Und da war der zweite Lockdown noch gar nicht in Sicht! Ich persönlich sehe hier vor allem auch die zahlreichen Arbeitsplätze, die verloren gehen. Familienunternehmen, die ohne eigenes Verschulden in die Insolvenz geraten.

Unser oberstes Ziel muss es sein, dass der Einzelhandel und die Dienstleistungen in den Stadt- und Ortszentren sich nach Ende der Corona-Beschränkungen rasch wieder erholen können. Dazu braucht es meiner Meinung nach vor allem einen engen Austausch zwischen den Gewerbevereinen und den Kommunalverwaltungen. Das gilt insbesondere im Hintergrund der Herausforderungen, vor denen wir hier auch politisch stehen.

Was die Projekte der Zukunftsräume so erfolgreich macht ist, dass sie konkret auf die Bedürfnisse der einzelnen Städte und Gemeinden zugeschnitten sind. Interessierte Kommunen reichen ihre Projektideen zunächst beim jeweils zuständigen Amt für regionale Landesentwicklung ein. Danach werden die vorgelegten Ideen zu ausführlichen Projektanträgen weiterentwickelt, wobei auf einen dem Programm zugeordneten Expertenpool zurückgegriffen werden kann.

Das Ministerium setzt an dieser Stelle also auf die Bausteine Beratung, Förderung und Vernetzung. Durch die Initiierung stadtregionaler Kooperationen wirken die Projekte zukunftsgerichtet, dynamisch und adressatengerecht.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Zukunft der Innenstädte und der kleinen und mittleren Zentren, wir müssen sie als eine politisch und administrative Querschnittsaufgabe begreifen. Pop-up-Geschäfte, Wohnen, soziale Begegnungsräume, alternative Gastronomiekonzepte, neue Orte der Erholung und des Verweilens in Verbindung mit entstehenden Grünflächen – ja, die von mir beschriebenen Räume werden sich verändern, sie werden multifunktionaler.

Genau deshalb wird es zur Bewältigung der Herausforderungen auch ressortübergreifender Anstrengungen bedürfen. Ich denke hier zum Beispiel an die im letzten Jahr vom MU neu entwickelte Programmstruktur der Städtebauförderung mit einem Schwerpunkt auf grüner Infrastruktur. Auch hier geht es um den Erhalt und die Entwicklung von lebendigen Stadt- und Ortskernen und die Gestaltung lebenswerter Quartiere.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

noch ein paar Worte zum Thema Digitalisierung und Online-Handel. Corona hat uns auch in diesem Bereich Versäumnisse vor Augen geführt und auch das persönliche Einkaufsverhalten der Kundinnen und Kunden hat sich noch einmal mehr ins Internet verlagert.

Lassen Sie uns deshalb, wo es nur geht, die Potentiale der Digitalisierung vor Ort stärker nutzen. Seien es digitale Produktinformationen des stationären Handels vor Ort oder mobile Bezahlsysteme. Zukunftsräume bringen die Vorzüge der analogen Welt mit denen der voranschreitenden Digitalisierung zusammen. Selbstverständlich unter der Prämisse guter Löhne und fairer Arbeitsbedingungen.

Das Stichwort der Zukunft lautet regionales Shopping – sowohl im Qualitätswarenladen in der City mit kompetenter persönlicher Beratung als auch auf „digitalen Markplätzen“ auf denen lokale Händlerinnen und Händlern ihre Angebote platzieren können. Dazu bräuchte es dann auch eine Strategie für eine nachhaltige Digitalförderung, die alle Kommunen umfasst.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

am Ende geht es hier um mehr als den möglichen Wegfall von Geschäften. Es geht um den Erhalt der Lebensqualität in unseren Städten, Gemeinden und Ortschaften. Nutzen wir die Chancen, die vor uns liegen!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!